Veranstaltungsbericht: ONLINE-SEMINAR: DIE GESCHICHTE DER NUKLEAREN BEDROHUNG – STRATEGIEN, PROLIFERATION UND FRIEDENSBEWEGUNG SEIT DEM ZWEITEN WELTKRIEg

Wie nah waren die Nationalsozialisten der Entwicklung einer Atombombe? Wieso waren die USA das erste Land, das eine Atomwaffe entwickelt hat? Sichern Atomwaffen den Frieden? Diese und viele weitere Fragen haben wir gemeinsam mit Dr. Nikolas Dörr und Dr. Lukas Grawe von der Universität Bremen im Rahmen unseres Online-Seminars „Die Geschichte der nuklearen Bedrohung – Strategien, Proliferation und Friedensbewegung seit dem Zweiten Weltkrieg“ am 27.01. geklärt.

Herr Dr. Grawe leitete in den ersten Teil des Vortrags ein und ging hier auf die ersten Forschungen deutscher Wissenschaftler während des Zweiten Weltkriegs ein. Ziel dieser Forschungen war es, die gerade erst im Jahr 1938 entdeckte Kernspaltung technisch nutzbar zu machen, um dann davon ausgehend die Möglichkeiten zur Entwicklung einer Kernwaffe abschätzen zu können. Werner Heisenberg gilt hier als der wohl bekannteste beteiligte Wissenschaftler. Wie Herr Dr. Grawe hervorhob, gelang es den Nationalsozialisten allerdings nie ernsthaft eine nukleare Waffe zu entwickeln. Deshalb könnten auch alle Gerüchte, dass die Nationalsozialisten kurz vor der Fertigstellung einer Atomwaffe standen oder diese sogar bereits produziert hätten, als bloße Märchen zurückgewiesen werden.

 

Im Anschluss thematisierte Grawe die Forschungen in der USA mit der Hilfe geflüchteter deutscher Wissenschaftler im Rahmen des geheimen Manhattan-Projects. Die wissenschaftliche Leitung des Projektes wurde von J. Robert Oppenheimer übernommen und konnte nach mehrjähriger Forschung 1945 erfolgreich zum Abschluss gebracht werden. Im Gegensatz zu den Deutschen waren die US-Amerikaner tatsächlich in der Lage eine nukleare Waffe zu entwickeln, die dann nach mehreren Tests auch durch zwei Abwürfe über Hiroshima und Nagasaki im Krieg gegen Japan tatsächlich zum Einsatz kam. Dies kennzeichnete den bisher ersten und einzigen Einsatz von Atombomben in einem bewaffneten Konflikt.

 

Im Zweiten Teil ging Herr Dr. Dörr auf die Entwicklung und Verbreitung nuklearer Waffen nach dem Zweiten Weltkrieg in der Zeit des Kalten Krieges ein. Mit Beginn des Kalten Krieges war es auch für die UdSSR von großer Bedeutung, möglichst schnell mit den USA gleichzuziehen und eine eigene Nuklearwaffe zu entwickeln, was im Jahr 1949 auch mit Hilfe einiger Spione in der amerikanischen Nuklearforschung gelang. Zu Beginn der 1950er Jahre war laut Dr. Dörr aber in den USA der Gedanke noch weit verbreitet, dass man in der Lage wäre, die UdSSR mit einem nuklearen Erstschlag zu vernichten, ohne selbst angegriffen zu werden. Denn die Sowjetunion wäre hierfür auf den Einsatz von Bombern angewiesen. Dies änderte sich erst mit dem erfolgreichen Start des Satelliten Sputnik 1 am 4. Oktober 1957. Der USA wurde nun schlagartig bewusst, dass die Sowjetunion den technologischen aufgeholt hatte. Das nukleare Wettrüsten der beiden Supermächte habe nach der Ansicht von Dr. Dörr mit der Kubakrise im Jahr 1962 ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht, das nur dank der besonnenen Verhandlungen beider Seiten gelöst werden konnte. Dr. Dörr ging auch auf die generelle Verbreitung von Atomwaffen ein, denn so nahm die Anzahl der Staaten, die über eigene Atomwaffen verfügten, zu. Auch die mit den 1980er Jahren einsetzende Abrüstung und die hierzu geschlossenen Verträge wurden entsprechend thematisiert. Zum Ende des Kalten Krieges könne man im Großen und Ganzen durchaus sagen, dass das Gleichgewicht des Schreckens durch die nukleare Bedrohung durchaus den Frieden gesichert habe. Abschließend thematisierte Dr. Dörr auch nochmal das iranische Atomprogramm und dessen Hintergründe. So sei dies Seitens des Iran als Lebensversicherung betrachtet worden.

 

Im Anschluss an den Vortrag folgte eine Fragerunde, die von den Zuhörenden bereitwillig angenommen wurde. So worden Fragen zu unterschiedlichsten Themen gestellt, wie z.B. nach den strategischen Doktrinen der Nuklearmächte, der Bedeutung des elektromagnetischen Impulses und der Neutronenbombe, sowie auch zu den klimatischen Auswirkungen von Atomwaffen.

 

Wir bedanken uns abschließend bei Herrn Dr. Dörr und Herrn Dr. Grawe für ein wieder sehr spannendes Online-Seminar und bei allen Teilnehmenden für die vielen spannenden Fragen.